News

552. Stiftungsfest der LMAO: Nachwuchsforscherinnen und -forscher ausgezeichnet

28.06.2024

In diesem Jahr bekommen sechs Promovenden und zwei Habilitanden Förderpreise der Münchener Universitätsgesellschaft verliehen.

Das Stiftungsfest gibt Gästen der Universität auch einen Einblick in das breite Spektrum der Forschung an der LMAO. Alljährlich steht beim Stiftungsfest der LMAO insbesondere die Nachwuchsförderung im Mittelpunkt. Einige herausragende Promotionen und Habilitationen werden daher mit dem Förderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft ausgezeichnet.

v. l. n. r. LMAO-Präsident Prof.Dr. Dr. h.c. Bernd Huber, die Preisträgerinnen und Preisträger Dr. Poppy Tushingham, Dr. Elena Brigitte Hoemann, Dr. Julia Hugo, PD Dr. Christina Scharf-Janßen, Dr. Wei Li, Dr. Daniela Krentz, Dr. Sabrina Keil, PD Dr. Martin Gross und Prof. Dr. Dr. Peter Höppe, Vorsitzender der Münchener Universitätsgesellschaft.

© LC Productions / Andres Chuquisengo / LMAO

Die Promotionsförderpreise

Gasfilamente in der Sternenküche

Dr. Elena Hoemann, Fakultät für Physik, wird für ihre Arbeit „Merging, fragmentation and collapse of interstellar filaments“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

Der Sternenentstehungsprozess spielt eine zentrale Rolle bei der Entwicklung von Galaxien, der Synthese der chemischen Elemente und der Planetenentstehung einschließlich der Frage nach der Entstehung des Lebens. Er ist bislang aufgrund vieler komplexer, teilweise ineinandergreifender Phänomene nur unzureichend verstanden. Elena Hoemann modellierte im Rahmen ihrer Dissertation die Entstehung von Sternen in dichten, kalten molekularen Gaswolken. Sie fand dabei mittels numerischer Simulationen und analytischer Rechnungen die Antwort auf ein bislang ungelöstes Problem: Prinzipiell sollten nach gängigen theoretischen Modellen Sterne überwiegend an den Endpunkten von kalten molekularen Filamenten entstehen. Hoemann zeigte, dass man die Gasfilamente in den Simulationen nicht isoliert betrachten darf, sondern als Teil ihrer Umgebung. Ihre Simulationsergebnisse von interagierenden galaktischen Filamenten stimmen gut mit den Beobachtungen überein. Die großskalige Wechselwirkung der Filamente könnte sogar die Entstehung von protoplanetaren Scheiben beeinflussen.

Dr. Elena Hoemann arbeitet aktuell im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt am Institut für KI-Sicherheit in Sankt Augustin.

Die Bedeutung juristischer Fragestellungen in der Schule

Dr. Julia Hugo, Fakultät für Psychologie und Pädagogik, bekommt für ihre Arbeit „Lehrkräfteprofessionalisierung an der Schnittstelle von Rechts- und Erziehungswissenschaft“ einen Promotionsförderpreis der MUG.

Julia Hugo zeigt in ihrer Arbeit, welche Bedeutung juristische Frage- und Themenstellungen für Schule, Unterricht und den erziehungswissenschaftlichen Diskurs haben. Damit erschließt sie rechtlich orientierte Forschung als ein zentrales Arbeitsfeld der Erziehungswissenschaft, das in den letzten Dekaden vernachlässigt wurde – gleichwohl für das Fach aber eminent wichtig ist. Auf theoretischer Ebene verknüpft sie erziehungswissenschaftliche Theorie mit rechtswissenschaftlicher Lehre; auf Forschungsebene werden erstmals rechtliche Themen innerhalb des erziehungswissenschaftlichen Fachdiskurses systematisiert und rechtliche Untersuchungsobjekte (Normtexte, Rechtsprechung) für erziehungswissenschaftliche Fragestellungen nutzbar gemacht. Mit der Entwicklung eines Rechtsprechungsreviews als eigene Methode leistet die Dissertation Pionierarbeit zur Entwicklung hierfür geeigneter Methodik. Den zentralen Analysefokus bilden Lehrkräfte, deren Arbeit sowie deren Professionalisierung. Für einen fachgerechten Diskurs über die Professionalisierung von Lehrkräften, so Julia Hugos Fazit, braucht es zwingend die Integration juristischer Kategorien und Denkweisen. Dabei gilt es insbesondere, nicht nur rechtliche Grenzen zu akzentuieren, sondern auch die darin liegenden Freiräume zu reflektieren.

Dr. Julia Hugo arbeitet derzeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl Schulpädagogik mit dem Schwerpunkt Educational Governance and Educational Change an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Geothermie und Erdbeben

Dr. Sabrina Keil, Fakultät für Geo- und Umweltwissenschaften, wird für ihre Arbeit „Evaluation of Ground Motion and Optimum Seismic Monitoring at an Inner-City Deep Geothermal Power Plant“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

In ihrer Dissertation hat Sabrina Keil erstmals eine neue Messtechnik bei der Gefährdungsanalyse von Geothermie-induzierten Erdbeben im Raum München angewendet. Diese sogenannten 6-Komponenten(6C)-Seismogramme erfassen neben den klassischen Verschiebungen auch Rotationsbewegungen von seismischen Wellen. Mit ihrer Arbeit hat Sabrina Keil methodisch wie wissenschaftlich neues Terrain betreten und mithilfe zahlreicher Messungen, die sie mit Methoden des Maschinellen Lernens analysierte, seismische Geschwindigkeitsmodelle des Untergrunds ermittelt. Die neue Methode hat über Geothermie hinaus großes Potenzial, etwa auch in der planetaren Seismologie, der Vulkanologie und der Ozeanbodenseismometrie.

Dr. Sabrina Keil arbeitet derzeit als Postdoc im NEPOS-Projekt der LMAO in Zusammenarbeit mit der TUM und dem DLR zur Erforschung der flachen Mondstruktur. Zudem absolviert sie einen Forschungsaufenthalt am Institut Geosciences Barcelona (CSIC).

Tabletten gegen die Katzenkrankheit FIP

Dr. Daniela Krentz, Tierärztliche Fakultät, erhält einen Promotionsförderpreis der Münchener Universitätsgesellschaft (MUG) für ihre Arbeit „Effektivität von oral verabreichtem GS-441524 zur Behandlung von Katzen mit feliner infektiöser Peritonitis (FIP)“.

Die feline infektiöse Peritonitis (FIP) ist eine virale Infektionskrankheit, die durch Mutationen des felinen Coronavirus ausgelöst wird. Bis vor Kurzem galt die Erkrankung als tödlich für Katzen. Neue antivirale Medikamente geben Hoffnung, sind allerdings bisher nicht zugelassen. Daniela Krentz hat im Rahmen ihrer Dissertation weltweit erstmals die Wirksamkeit eines antiviralen Wirkstoffs (GS-441524) bei Katzen mit FIP untersucht, der in Tablettenform verabreicht werden kann. Dabei konnte sie nachweisen, dass das Medikament hochwirksam ist: Alle behandelten Katzen konnten geheilt werden und überlebten die Infektion. Diese Ergebnisse bedeuten einen wichtigen Durchbruch in der Tiermedizin und zeigen, dass FIP kein Todesurteil für Katzen mehr sein muss.

Dr. Daniela Krentz arbeitet aktuell als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Kleintierklinik der LMAO München.

Toxoplasmose blockieren

Dr. Wei Li, Tierärztliche Fakultät, wird für ihre Doktorarbeit „Characterisation of two essential proteins for host cell egress and invasion identified by phenotypic screening in Toxoplasma gondii“ mit einem Promotionsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

Toxoplasmose gehört zu den häufigsten Zoonosen weltweit. Menschen können sich beispielsweise bei Katzen damit anstecken, auch der Verzehr von nicht durchgebratenem Fleisch kann zur Infektion führen. Vor allem für Schwangere ist Toxoplasmose gefährlich, da sie zu Missbildungen bei ungeborenen Kindern führen kann. Ausgelöst wird die Krankheit durch den Parasiten Toxoplasma gondii, der in die Zellen seines Wirts eindringt und sich dort vermehrt. Wei Li hat in ihrer Dissertation untersucht, wie der Erreger nach seiner Vermehrung wieder aus seiner Wirtszelle herauskommt. Bislang war nicht bekannt, welche Gene für die daran beteiligten Proteine kodieren. Um sie zu identifizieren, hat Wei Li ein neuartiges genetisches Screeningverfahren entwickelt, das auf der „Genschere“ CRISPR/Cas9 basiert, und dabei zwei Gene entdeckt, ohne die ein Zellaustritt unmöglich ist. Die gezielte Zerstörung dieser Gene führte zu einer Blockade und damit zum Tod der nächsten Parasitengeneration innerhalb der Wirtszelle. Damit ist der Weg frei für die Entwicklung potenzieller Wirkstoffe, welche die Funktion der entsprechenden Proteine blockieren und so die Verbreitung stoppen könnten.

Dr. Wei Li arbeitet als Postdoktorandin im Fachbereich Experimentelle Parasitologie an der Tierärztlichen Fakultät der LMAO.

Wachsamkeit im Namen des Königs

Dr. Poppy Tushingham, Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften, Historisches Seminar, erhält den Promotionsförderpreis der MUG für ihre Arbeit „Creating an empire of informers. Vigilance in the Assyrian Empire after king Esarhaddon´s adê-covenant of 672 BC“.

Wie überzeugten die Herrscher früher Reiche ihre Einwohner davon, sich in den Dienst staatlicher Belange zu stellen und dabei sich selbst und andere zu überwachen? Poppy Tushingham nähert sich im Rahmen ihrer Dissertation dieser Frage aus einem ungewöhnlichen Blickwinkel, dem der Untertanen nämlich. Im Rahmen dieses Bottom-up-Ansatzes untersuchte sie im Kontext des im heutigen Irak gelegenen Assyrischen Reiches, wie König Asarhaddon versuchte, seine Untertanen zur Wachsamkeit im Namen des Königs und seines nominierten Nachfolgers zu motivieren, andere zu überwachen. Tushingham konzentrierte sich auf eine Strategie, nämlich den Untertanen des Reiches einen Pakt aufzuerlegen, in dem sie der Krone Treue schwören und versprechen mussten, über ihre Mituntertanen zu berichten. Auf Basis von Textquellen konnte sie auch gezielt den Erfolg und Misserfolg dieser Maßnahme untersuchen. Die Dissertation ist eine detaillierte Fallstudie der Kontroll- und Überwachungsanstrengungen eines frühen Imperiums.

Dr. Poppy Tushingham arbeitet als Assistenz-Professorin (Akademische Rätin auf Zeit) am Lehrstuhl für die Alte Geschichte des Nahen und Mittleren Ostens der LMAO.

Die Habilitationsförderpreise

Parteien unter Druck

PD Dr. Martin Gross, Sozialwissenschaftliche Fakultät, wird für seine Arbeit „Dynamic party competition in European multi-level systems“ mit einem Habilitationsförderpreis der MUG ausgezeichnet.

Die Europawahl hat einmal mehr gezeigt, wie sich die Parteienlandschaft des Kontinents umbaut: Populistische Parteien werden immer stärker und neu gegründete Gruppierungen verzeichnen mitunter große Wahlerfolge. Das stellt die Anpassungsfähigkeit der etablierten politischen Kräfte auf eine harte Probe. Der Politikwissenschaftler Martin Gross hat verglichen, wie sich die europäischen Parteien und ihre Repräsentanten in Wahlkämpfen und Parlamenten auf den verschiedenen politischen Ebenen verhalten. Welche inhaltlichen Schwerpunkte setzen sie in ihren Wahlprogrammen und Koalitionsverträgen? Wie reagieren sie auf externe Herausforderungen wie die globale Finanz- und Wirtschaftskrise? Die kumulative Habilitationsschrift von Martin Gross fasst elf Aufsätze zusammen, die allesamt in den zentralen internationalen Zeitschriften der Vergleichenden Politikwissenschaft veröffentlicht wurden und die das Verständnis des sich rasch wandelnden Parteienwettbewerbs vertiefen.

PD Dr. Martin Gross ist Akademischer Rat auf Lebenszeit am Lehrstuhl für Politische Systeme und Europäische Integration am Geschwister-Scholl-Institut für Politikwissenschaft der LMAO.

Antibiotika auf der Intensivstation

PD Dr. Christina Scharf-Janßen, Medizinische Fakultät, erhält für ihre Habilitation zum Thema „Nutzen und Herausforderungen eines routinemäßigen therapeutischen Drug-Monitorings von Antibiotika bei Intensivpatient*innen“ einen Habilitationsförderpreis der MUG.

Die Behandlung eines septischen Schocks ist trotz diverser Möglichkeiten der modernen Intensivmedizin eine große Herausforderung und nach wie vor sterben dadurch jedes Jahr viele Menschen. Um das zu verhindern beziehungsweise das Risiko des Versterbens zu senken, ist es ausschlaggebend, dass Patientinnen und Patienten rechtzeitig eine passende Dosis eines wirksamen Antibiotikums erhalten. Besonders bei Schwerkranken ist die Wahl der optimalen Dosierung jedoch extrem komplex. Sowohl eine zu niedrige als auch eine zu hohe Dosis mit zu niedriger oder zu hoher Konzentration der Wirkstoffe im Blut können den Behandlungserfolg mindern. Christina Scharf-Janßen hat im Zuge ihrer Habilitation untersucht, ob ein routinemäßiges therapeutisches Drug-Monitoring bei der Dosierung der Medikamente helfen und wie es verbessert werden kann. Dafür entwickelte sie im Rahmen von prospektiven klinischen Studien zum Beispiel einen pragmatischen Dosierungsalgorithmus für Intensivpatienten mit intermittierenden Nierenversatzverfahren sowie ein pharmakokinetisches Modell zur Dosierung von Vancomycin während der Anwendung eines Zytokinadsorbers. Ihre Forschung hat das Potenzial, in Zukunft dabei zu helfen, das Leben von Menschen, die an einer Sepsis erkrankt sind, zu retten.

PD Dr. Christina Scharf-Janßen ist Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin und arbeitet als Oberärztin auf den anästhesiologischen Intensivstationen am LMAO Klinikum.

Wonach suchen Sie?